Skurrile Startups: Atomkraftwerke auf Wandtellern

Wer kennt sie noch, die weißblauen Wandteller, die früher bei unseren Großeltern oder Eltern im Wohnzimmer hingen und idyllische Landschaften, Muster und in ganz vielen Fällen Windmühlen zeigten? Das Künstlerpaar Mia Grau und Andree Weissert haben die klassischen Wandteller im Delfter Blau in die Jetztzeit übertragen und dabei die Windmühlen unserer Zeit gewählt: Atomkraftwerke. „Denkmäler des Irrtums – Hoffnung von Gestern – Folklore von Morgen“ nennen sie die Atommeiler.

19 Atomteller gibt es mit den kobaltblauen Motiven Biblis, Brokdorf, Brunsbüttel, Emsland / Lingen, Grafenrheinfeld, Greifswald, Grohnde, Gundremmingen, Hamm-Uentrop, Isar, Krümmel, Mülheim-Kärlich, Neckarwestheim, Obrigheim, Philippsburg, Rheinsberg, Stade, Unterweser und Würgassen. Die Porzellanteller kommen mit einer 56seitigen Broschüre und kosten je 39 Euro oder alle zusammen 680 Euro. Die Teller sind spülmaschinenfest und mikrowellengeeignet. Aber den besten Eindruck machen sie eigentlich als extravaganter Wandschmuck. En Utensil, dass in keinem Hipster-Haushalt fehlen darf.

Mia Grau ist Autorin und Regisseurin. Andree Weissert ist Architekt und Gestalter. Durch ein Gedankenspiel kamen sie auf die Idee für die Atomteller und ihr ungewöhnliches Geschirr-Startup. Beide wuchsen in Umgebungen auf, in denen Atomkraftwerke standen und verbinden heute heimatliche Gefühle mit deren Anblick. Ein Kontrast zu den Gefahren der Atomkraft. „Kathedralen einer technologischen Weltanschauung“ und „Relikte des Fortschritts“ nennen sie die Meiler auf ihrer Website. Vielleicht werden sich irgendwann unsere Kinder an uns zurück erinnern und an unsere Wohnzimmer, in denen statt Windmühlen Atomkraftwerke hingen. Seltsam idyllisch in Delfter Blau.

Gemalt wurden die Motive von Heike Tropisch, hergestellt werden die Teller von der Thüringer Porzellanmanufaktur Reichenbach.